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Wahlniederlage der SPD in Hamburg

Oktober 2001

Wie die SPD dem neuen Senat den Weg geebnet hat.

Mit der AGIJ teilt die FDP ein Leid. Auch sie hat nur eine Stelle. Um den liberalen Positionen von FDP und AGIJ in Zukunft gleichermaßen Gehör zu verschaffen, schlagen wir vor, statt 500 Polizisten nur 498 einzustellen (oder statt 400 398 oder statt 300 298 oder statt 0 -2 oder oder ... ) und die zwei frei werdenden Posten an Partei und Verein zu überlassen. So einfach ist es, alle Seiten zufrieden zu stellen.

Im Ernst: Die Postenrangelei im neuen Senat geht uns jetzt schon auf den Keks. Zu Schill's Person ist viel geschrieben worden, wir brauchen dem nichts hinzuzufügen. Dass aber Mitglieder seiner Partei für Staatsratsposten vorgesehen waren (oder immer noch sind), die allzu offenkundig ausländerfeindliche Hetze betreiben, ist schon beunruhigend. Die Schill-Partei hat keine kompetenten Leute (war vorher klar), CDU und FDP machen sich die Wurst gegenseitig abspenstig, und Kultursenator will erst mal keiner werden (auch nicht Vici Leandros). Um bei all dem Trubel die Eitelkeiten dennoch befriedigen zu können, werden die Behörden-Karten neu gemischt. Ein Ergebnis: die BSJB wird wieder auseinander gerupft.

Und das finden wir wirklich nervig. Erstens, weil Schule, Jugend und Berufsbildung von der Sache her einfach zusammengehören, zweitens, weil für normale Bürger gerade diese Zusammensetzung nachvollziehbar ist, drittens, weil man Jahre gebraucht hat, um zu dieser vernünftigen Lösung zu kommen und viertens, weil die kontraproduktive Neukomposition viel Geld kostet. Außerdem müssen wir uns im Büro wieder daran gewöhnen, eine neue Adresse zu schreiben. Und darüber hinaus unsere Datenbank verändern. Werden wir alles dem neuen Senat in Rechnung stellen.

Wenigstens wird die Abteilung der Jugendverbände nicht bei der Sozialbehörde angesiedelt, wie es ursprünglich vorgesehen war. Das hätte ein missverständliches Licht auf die Jugendverbandsarbeit geworfen. Denn schließlich haben wir und viele andere HH-Jugendverbände jahrelang zu vermitteln versucht, dass Jugendverbandsarbeit nicht Sozialarbeit im Sinne von Betreuung ist, sondern Bildungs- und Kulturarbeit, die es engagierten Jugendlichen erlaubt, Verantwortung in Eigeninitiative zu übernehmen und auszugestalten.

Anscheinend heißt unser neues "Ministerium" jetzt "Behörde für Schule und Sport" oder so ähnlich. Dass wir auch darüber nicht glücklich sind, brauchen wir wohl nicht zu betonen. Sport ist eine wichtige und wunderschöne Sache, die sich auch im Jugendverbandsbereich widerspiegeln muss. Jugendverbandsarbeit aber auf den Sportgedanken zu reduzieren, klammert die Vielzahl von Bereichen aus, in denen Tausende von ehrenamtlichen Jugendlichen in Hamburg tätig sind: vom Naturschutz über Politik und Kultur bis hin zu internationaler Jugendarbeit.

Bei all dem Zirkus reibt sich die SPD jetzt schon die Hände. Da hat sie aber keinen Grund zu. Denn das Ergebnis dieser Wahlen - und das wollen wir mal klarstellen - ist nicht das Ergebnis überzeugender Alternativ-Programme oder charismatischer Oppositionspolitiker; nein, das Ergebnis ist schlicht die Folge einer in fundamentalen Bereichen schlechten, den Bürger für blöd verkaufenden, zumindest ignorierenden Senatspolitik. Und dazu das Ergebnis einer Filzokratie, die ihresgleichen sucht. Wer kein SPD-Parteibuch besaß, konnte sich, auch wenn er noch so gut gearbeitet hatte, bei Entscheidungsträgern überhaupt kein Gehör mehr verschaffen. Wir, die AGIJ, können davon ein Lied ( nein, zwei oder drei) singen.

Wir wollen gerecht sein. Es gab unter dem alten Senat geballte Kompetenz. Vor allem im Bereich Wirtschaft und Stadtentwicklung (vom Airbus einmal abgesehen). Hafencity, Ausbau als Medienmetropole - da hatten die Herren durchaus eine glückliche Hand. Und Olympia in Hamburg - warum nicht. Es böte sich bei aller Kommerzialisierung durchaus die Gelegenheit, die olympische Idee in ihrem Ursprung ein Stückchen wiederzubeleben. Aber all zu viele Dinge sind seit vielen Jahren in Hamburg aus dem Ruder gelaufen. Wir wollen hier nur vier Bereiche nennen: die öffentliche Sicherheit, die Schulpolitik, die Jugendpolitik, die Ausländerpolitik.

1. Öffentliche Ordnung und Sicherheit

Normalerweise kommt die Forderung nach mehr Sicherheit nicht von der AGIJ. Dazu liegen unsere Prioritäten einfach anders. Aber man muss wirklich kein "Rechter" sein, um in dieser Stadt, insbesondere für bestimmte Stadtteile, einen erträglicheren Zustand öffentlicher Ordnung zu reklamieren.

Wie viele junge Mütter aus den Vereinen der AGIJ und rund um die AGIJ beklagen sich seit Jahren, dass sie ihre Kinder nicht mehr ruhig in den Kindergarten, auf Spielplätze, in die Schulen schicken können. Dass die Kleinen dauernd in die Sch.. treten, ist eine Sache. Eine ganz andere Sache ist, dass Kinder sich durch Dealer und zwielichtige Gestalten zum Unterricht schlängeln müssen. Spritzen in Sandkästen, Abzocken in der U-Bahn, Waffen in der Schule - das sind, meine Damen und Herren von der SPD - keine Einzelfälle. Das ist blamable Realität en masse. Da hilft auch nicht die x-te Analyse weiter, die da schlau besagt, dass Realitätswahrnehmung nicht der Realität entspricht. Fakt ist: Wer in Hamburg Opfer eines Alltagsdeliktes wird, geht nur zur Polizei, um einen Versicherungsnachweis zu bekommen. Tätersuche? Fehlanzeige! Bestenfalls müdes Kopfschütteln auf der Polizeiwache.

Was wir bis heute nicht verstehen: Wieso musste eigentlich erst ein Kind sterben, bis das Thema "Kampfhunde" auf die Tagesordnung kam. Und noch immer wird nur halbherzig gegen Kampfhundebesitzer vorgegangen. Die akademische Diskussion, was Kampfhund ist und was nicht, finden wir überflüssig. Im Zweifel immer für den Menschen. Auch AGIJler wurden in Altona mehrfach von Kampfhunden bedroht, ja sogar brutal angefallen. Zur Polizei ist nie einer gegangen. Warum wohl nicht?

Es mag ja sein, dass es in Hamburg zu wenige Polizisten gibt. Das können und wollen wir nicht beurteilen. Aber eines ist klar: es ist nicht energisch genug durchgegriffen worden. Ursachenanalyse für rechtsstaatliche Unterlassung werden wir nicht betreiben, das kann die SPD besser selber tun. Erfrischend, dass in der GAL selbstkritische Stimmen zu hören sind: zu viel good-will, zu viel laissez-faire, zu viel Arroganz besserwisserischer Intelligenz gegenüber dem real-life malochender Massen. Und wir fügen hinzu, das, was die Spanische Jugend-Initiative vor 15 Jahren in ihrem legendären Flugblatt "Eimsbüttel frisst seine Kinder" resümiert hat und wofür sie von der versammelten regionalen Linken regelrecht gekreuzigt wurde: "Wer als Pädagoge keine Grenzen setzt, züchtet sich seine eigene Problemklientel"". Der Satz ist heute aktueller denn je. Manch einer hat nichts dazu gelernt, das bringt ja immerhin auch Arbeitsplätze oder zumindest die Befriedigung, immer mal wieder was Gutes tun zu dürfen. Ja, regt Euch ruhig auf. Aber lest weiter.

Wir sind nicht naiv. Hamburg ist kein bayrisches Dorf und das ist auch gut so. Verbrechen gehören nun mal zur Großstadt - sonst wäre Jürgen Roland ja arbeitslos. Wir sehen durchaus die Hintergründe. Rechtsbruch, gerade von Jugendlichen, hat allzu häufig gesellschaftliche Ursachen. Einen Automatismus aber gibt es nicht. Nicht jeder sozial Schwache ist automatisch für Straftaten anfällig, und nicht jeder Verbrecher ist automatisch sozial schwach. Jeder Mensch ist für sein Handeln verantwortlich. Gleichwohl gilt, die Resultate nachweisbarer Empirie zur Kenntnis zu nehmen: Soziale Missstände in massierter Form fördern Gewaltbereitschaft, insbesondere wenn die Menschen keine Perspektive sehen. Und da gibt es in vielen Stadtteilen unendlich viel zu tun: Wohnungsmisere, Arbeitsplätze, Verwahrlosung von Schulen, fehlende soziale Einrichtungen, falsche sozialpolitische Konzepte und und und. Nur, so lange zu warten, bis alle diese Probleme gelöst sind (werden es vermutlich ohnehin nie), ist keine Antwort. Es muss etwas geschehen, es kann etwas geschehen. Und man kann mehr tun, als nur echt betroffen wegzugucken.

Übrigens: es gibt auch Leute, die meinen, zu viele Staatsbedienstete kungelten mit zu vielen dubiosen Kreisen unter einer undurchsichtigen Decke. Es würde nur so viel geahndet, wie es zur Beruhigung der öffentlichen Meinung nötig sei. Dazu sagen wir erst mal gar nichts. Aber es lohnt sich, darüber nachzudenken.

2. Schulpolitik

Uns gefällt, dass Hamburg eine breit gefächerte und bunte Schullandschaft besitzt. Und dass diese Landschaft gepflegt und ausgebaut wird. Leider müssen wir feststellen: die Hauptschule hat versagt und große Teile der Gesamtschulen auch.

Es ist ein Riesenfeld, es gibt keine einfachen Antworten. Aber man muss den Ist-Zustand erst einmal schonungslos zur Kenntnis nehmen, statt sich dauernd etwas in die Tasche zu lügen. Massen von SchülerInnen werden nach der 9. bzw. 10 Klasse mit einem sogenannten Hauptschulabschluss oder auch einem sogenannten Realschulabschluss auf die Straße gesetzt (und nicht etwa ins Arbeitsleben entlassen), die in den Hauptfächern schlichtweg mangelhafte oder ungenügende Leistungen aufweisen. Für diejenigen, die den Sprung in die Ausbildung nicht schaffen, gibt es einen Haufen Nachqualifizierungsmaßnahmen, die zu einem (immerhin kleinen) Teil Erfolge aufweisen. Die Lösung ist das ja wohl nicht. Denn die grundlegenden Fertigkeiten müssen in den regulären Schuljahren gelernt werden, später bleibt alles halb verstandenes Stückwerk.

2.1. Investition

Es fehlen LehrerInnen, es fehlt pädagogisches Begleitpersonal. Die jetzige Misere, insbesondere an beruflichen Schulen war vorhersehbar. Wir schließen uns dem Forderungskatalog der HH-LehrerInnen-, SchülerInnen- und Elternkammern nach unverzüglichen Neueinstellungen uneingeschränkt an. Es ist aber nicht alles eine Frage des Geldes und statt an dieser Stelle die einschlägigen Forderungskataloge gebetsmühlenartig zu wiederholen, möchten wir den Focus auf zwei Gebiete lenken, auf denen die Schulpolitik konzeptionell versagt hat: Disziplin und Sprachentwicklung.

2.2. Disziplin

Wer sich mal die storys der Jugendlichen aus dem Unterrichtsgeschehen an manchen HS und GS anhört, dem bleibt die Spucke weg. Was Pause ist und was Unterricht, ist nur noch eine Frage der Interpretation, die Lehrer sind froh, wenn sie die Stunde irgendwie heile überstehen. Was eine "Drei" in einem Zeugnis eigentlich aussagt, weiß keiner mehr genau. Manchmal ist es - ehrlicherweise - eine geschönte "Sechs". Die engagierten Pädagogen in diesen Schulformen sind nicht gerade zu beneiden. Klare Ziele mit nachweisbarer Erfolgskontrolle in einem vernünftigen schulischen Rahmen verwirklichen zu können, ist geradezu ein Luxus. Aber was ist zu tun ?

Wir meinen, dass zunächst einmal die Masse lernbereiter und sozial-unauffälliger SchülerInnen vor einer verschwindend kleinen, wenngleich penetranten Minderheit von Randalierern nachhaltig geschützt werden muss. Das Schulgesetz macht es nicht gerade einfach, adäquate Massnahmen zu ergreifen, es ist wohl eher für eine "normale" Schule konzipiert, die es in manchen Stadtteilen so aber nur noch als Ausnahme gibt. In jedem Falle brauchen viele Schulen schnellstmöglich soziale Grenzen, innerhalb derer die Lehrer überhaupt die Chance bekommen, Stoff zu vermitteln und SchülerInnen, die Chance erhalten, Stoff aufzunehmen. Das ist zur Zeit in weiten Bereichen nicht der Fall.

Aber man kann doch nicht sozial-auffällige Jugendliche aussperren, will man nicht Gefahr laufen, sie vollends abgleiten zu lassen. Ehrlich gesagt, wir können diesen Spruch nicht mehr hören. Jeder Jugendliche soll seine Chancen bekommen, und auch zwei oder drei. Aber irgendwann ist mal Schluss mit lustig. Es darf doch nicht wahr sein, dass eine Gang oder auch nur einzelne Gewalttäter ganze Klassen über Jahre hinweg terrorisieren und dubioseste Geschäfte unter den Augen der aufsichtsführenden Lehrerschaft abwickeln. Genau das, meine Damen und Herren von der SPD, ist aber Alltag. Natürlich: es muss sich auch jemand der sozial problematischen Klientel annehmen, die durch noch so gutwillige Pädagogen nicht mehr ansprechbar ist. Aber dafür ist die Schule nicht geschaffen. Sie ist selbstverständlich auch - und zunehmend - eine Institution sozialer Erziehung, aber sie ist keine dauerhafte Besserungsanstalt für schwer erzhiehbare Jungs.

2.3. Sprache

Wenn wir die schulische Lage der Jugendlichen aus dem Umfeld der AGIJ betrachten, so müssen wir also sagen: sie teilen zunächst einen Großteil der Probleme mit ihren deutschen Schulgefährten. Schulische Probleme, die Jugendliche ausländischer Herkunft haben, sind also nicht immer oder nicht immer zuerst, Probleme rund um "Sprache". Aber die gibt es natürlich auch.

Da stößt man in bestimmten Stadtteilen auf Abschlussklassen, in denen nur noch ein Bruchteil der SchülerInnen 2-3 einfachste Sätze halbwegs fehlerfrei schreiben können. Im Fach Deutsch wird häufig noch nicht einmal das Niveau der 7. Klasse erreicht. Seit Jahren produziert das HH-Schulwesen doppelte Halbsprachler in beträchtlicher Zahl - und es werden immer mehr. Eine verhängnisvolle Abwärtsspirale von sozio-kultureller Ausgrenzung und halb-bewußtem Rückzug der Betroffenen hat eingesetzt, ein reziproker Prozess, der sich gegenseitig hochschaukelt. Längst ist sie entstanden - die Stadt in der Stadt. Dass gerade Jugendliche in dieser Situation anfällig sind für radikale Parolen und einfache Lösungen, ist nicht verwunderlich.

Jetzt will die neue Koalition den gordischen Knoten mit einem Paukenschlag durchtrennen. Das muss auch passieren, aber bitte mit Augenmaß. Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse vom Unterricht aussperren zu wollen, ist einfach unverantwortlich. Richtig wäre, hartnäckige Überzeugungsarbeit für frühzeitigen Deutschunterricht in den benachteiligten Stadtteilen zu leisten und natürlich die entsprechenden Förderkapazitäten bereit zu stellen. Nachhaltigen Erfolg erreicht man nicht durch ein Diktat von oben, sondern nur in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit Eltern, Vereinen, Stadtteilzentren, Kindergärten, Vorschulen, kirchlichen Einrichtungen, Moscheen u.a.

Mitte der 80ger Jahre hatten wir bereits eine Initiative Richtung Schulpolitik gestartet und ein erstes Konzept vorgelegt: Die Integration des Muttersprachlichen Unterrichts in den Kontext des deutschen Schulwesens mit dem Schwerpunkt Gesamtschule. Unsere Initiative stieß beim damaligen Schulsenator Juist Grolle auf großes Interesse. Leider folgten ihm bald andere PolitikerInnen auf dem Senatorensessel, die von ihrem konzeptionellen Denken einfach nicht das Format eines Prof. Grolle hatten. So wurde unser Ansatz auch gar nicht mehr zur Kenntnis genommen, ja wir wurden vielerorts als Utopisten abqualifiziert. Dabei war seinerzeit schon klar, dass nur die enge Verzahnung beider sprachlich-kulturellen Wurzeln eine verinnerlichte Integration ermöglicht und diese eine Reihe rein pragmatischer Vorteile aufweist. Später wurde dieser richtige Ansatz zaghaft angetestet, aber nie konsequent umgesetzt. Jetzt ist das Thema wieder auf der Tagesordnung und wird von einschlägigen Experten als ihre genuine Erfindung postuliert. Aber besser spät als nie. Ob es unter der neuen Koalition zu einer zielstrebigen Weiterentwicklung integrativer Ansätze kommt, ist fraglich. Aber wir warten mit unserem Urteil ab.

Noch ein Wort: SPD und GEW schlagen die Hände über dem Kopf zusammen und beklagen die geplante Bildungspolitik als "Kampfansage an die pädagogischen Prinzipien der Stadt" (GEW-Zeitung 10/01). Wir sind mit den ankündigten Reformen auch nicht glücklich: manche sind ja richtig, viele aber halbherzig und manche lehnen wir aus sozialpolitischen Gründen ab. Aber eines muss man der neuen Koalition zu Gute halten: Sie scheut sich nicht, die Probleme zu benennen, statt mit verquasten Formulierungen, die kein Facharbeiter versteht, dauernd um den heißen Brei herum zu reden.

3. Jugendpolitik - Jugendverbandsförderung

Wir möchten zu diesem ebenfalls sehr umfangreichen Gebiet nur einige Anmerkungen aus Sicht der AGIJ machen, d.h. aus der Sicht eines unabhängigen, auf privater Initiative beruhenden, gleichwohl öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Jugendverbandes.

Jugendverbände in Hamburg haben einen schweren Stand. Ihnen wird von der Politik bei weitem nicht die Beachtung geschenkt, die ihnen von ihrem gesellschaftlich Beitrag her zukäme. (Wir haben den Eindruck, dass die Wahrnehmung ehrenamtlicher Jugendarbeit in anderen Bundesländern eine andere ist). Es ist zwar auch in diesem Bereich nicht alles eine Frage des Geldes, aber das Desinteresse der Politik schlägt sich erkennbar in einer Förderpraxis nieder, die man eher als Alibi statt als seriöse Hilfe charakterisieren muss. Anscheinend geht man in unbedarften Kreisen davon aus, dass junge Leute, die sich selbst organisieren und freiwillig engagieren, nicht annähernd das an öffentlicher Zuwendung benötigen wie staatlich gelenkte Jugendeinrichtungen. Das aber ist ein großer Irrtum!

Sicherlich: Hat man hartnäckig genug gedrängt, dann jahrelang gewartet und dann tausend unnötige Papiere ausgefüllt, erhält man eine gewisse materielle Grundausstattung und bescheidene Zuschüsse zu konkreten Projekten. Vergessen wird dabei, dass das Ganze auch koordiniert werden und ein tragfähiges Netz über viele Jahre auf- und ausgebaut werden muss. Konstanz und Nachhaltigkeit aber sind nur möglich durch seriöse professionelle Begleitung.

Seriös heißt, Jugendverbände den quantitativen und qualitativen Anforderungen gemäß mit pädagogischem Fachpersonal vernünftig auszustatten. Ob Ehrenamtliche oder Hauptamtliche - wer ist nicht dazu bereit, mal über seine Kräfte hinaus zu arbeiten. Das aber kann kein Dauerzustand sein. Wie viele Multiplikatoren sind in den letzten Jahren "verbrannt" worden. Wie viele verheißungsvolle Initiativen von Jugendlichen sind ins Leere gelaufen, weil keiner da war, der die nötige Ruhe und Zeit für Rat und Tat mitbrachte. Warum, in Gottes Namen, geht es einfach nicht in die Hirne von Hamburger Jugendpolitikern, dass eine auch nur maßvolle Förderung von Jugendverbandsarbeit sich später zig-fach rechnet.

Weder die AGIJ noch irgendein uns bekannter Hamburger Jugendverband käme auf die Idee, (staatliche) Jugendsozialarbeit gegen (privat organisierte) Jugendverbandsarbeit aufzurechnen. Zumal viele Verbände (nicht zuletzt die AGIJ selbst) die soziale Komponente als integrativen Teil ihrer Arbeit betrachten. Und dennoch muss die Frage gestellt werden: Fließen die Gelder immer in die richtige Richtung?

Wir haben unsere Zweifel. Wenn's brennt, muss man löschen. Richtig. Intelligenter ist es, Brände zu verhindern. Zumal ja das kostspielige Wasser beim Löschen verdampft. Wie viele Millionen sind in fragwürdige Feuerwerkprojekte geflossen, deren Ergebnisse nur in aufgeblähten Schriftsätzen bestehen. Und natürlich in publicityträchtige Öffentlichkeitskampagnen. Auch das bringt ja Arbeitsplätze. Effektivität - so ein Mitarbeiter des HH-Jugendamtes zu uns - ist eben nicht unser Kriterium.

Schauen sie, meine Damen und Herren Jugendpolitiker, in Zukunft bitte in alle Richtungen und fassen Sie dann ihre Beschlüsse. Eine sinnvolle Mischung aus spontaner, effektiver Hilfe im Einzelnen und aus einer auf Langfristigkeit und Nachhaltigkeit ausgerichteten Förderung von Jugendverbänden muss in Hamburg endlich gefunden werden. Es kann nicht sein, dass der engagierte Jugendliche brennend in die Röhre guckt, während die soziale Feuerwehr unhinterfragt die knusprigen Brötchen rauszieht.

Die Konstruktion der AGIJ fußt auf einem Minimalkonsens mit dem Jugendamt. Wir verpflichten uns, die Idee der Selbsthilfe und Eigenorganisation unter den ausländischen Jugendlichen populär zu machen und bestehende Initiativen an das Institut des "Jugendverbandes" heranzuführen - dafür stattet uns das Jugendamt in einer ersten Phase mit mindestens zwei festen Pädagogenstellen aus. Das war vor über 10 Jahren. Die AGIJ hat sich seitdem verdreifacht, es gibt eine Unmenge von attraktiven Angeboten, hunderte von deutschen Jugendlichen engagieren sich im Kontext der ausländischen Jugendverbände, kurz: wir haben unser Soll übererfüllt - und wir warten immer noch auf die versprochene zweite Stelle.

Bestimmten Zirkeln hat die AGIJ nie ins Konzept gepasst. Vermutlich, weil wir längst überfällige konzeptionelle Fragen aufgeworfen und angestaubte finanzielle Erbhöfe in Frage gestellt haben. Es ist nicht lange her, dass man versucht hat, uns bei jeder sich passenden Gelegenheit das Leben madig zu machen. Und wir sind sicher: einige Leute in der Hierarchie wollten die AGIJ dezent von der Bildfläche verschwinden lassen. Hier ist nicht der Ort, Details zu benennen - diese sind für eine offene, liberale Weltstadt beschämend genug. Wir wollen auch keine alten Wunden aufreißen, zumal wir den Eindruck haben, dass man in einschlägigen Amtsstuben dazu gelernt hat. Aber eines muss erwähnt werden. Als wir uns wiederholt in existentieller Not befanden und uns wiederholt an die Schul- und Jugend-Senatorin wandten, wurde uns wiederholt von "ganz oben" geantwortet: Es bestünde kein Diskussionsbedarf.

Und das ist das eigentlich Verheerende. Statt sich dem Argument zu stellen, ist man einfach abgetaucht. In einer Zeit, in der die Institution AGIJ auf europäischen Jugendkongressen als Modell für integrative Arbeit gewürdigt wurde, hatte die zuständige Senatorin es nicht für nötig empfunden, uns wenigstens 10 Minuten anzuhören. War es Bequemlichkeit? Was es Angst vor der Wahrheit? War es mangelnde Kompetenz? Oder gar mangelndes Demokratieverständnis? Denn jeder Senator und jede Senatorin müsste wissen: Wo Sprachlosigkeit zurückbleibt, hat Demokratie keine Chance.

Zuletzt gab es unter dem SPD-Senat doch noch einen Hoffnungsschimmer: Olaf Scholz besuchte auf eigenen Wunsch die AGIJ. Wir hatten den Eindruck, es handelt sich um einen seriösen Politiker, ohne Scheuklappen und mit dem Willen zu notwendiger Veränderung. Auch im Jugendamt scheint sich in letzter Zeit Entscheidendes zugunsten der AGIJ getan zu haben. Jetzt werden wir das Gespräch mit den Christdemokraten und den Liberalen suchen. Ole von Beust war vor zwei Jahren in der AGIJ, hörte sich unsere Konzeption sehr interessiert an und versprach, soweit zu helfen, wie er es als Oppositionspolitiker vermochte. Er hat die Chance, jetzt mehr für uns zu tun. Und die Liberalen werden hoffentlich zeigen, was ihnen die hochgeschätzten Prinzipien von "Bürgerinitiative" und "Subsidiarität" wert sind. Wir heißen die Herren von Beust und Lange in der AGIJ herzlich willkommen.

Ein Wort zum Schluss: Manch einen mag verunsichern, dass wir in unseren Beiträgen Argumente aufgreifen, die man eher von politisch Andersdenkenden gewohnt ist. Wenn wir von Grenzen und Disziplin sprechen, geht es nicht um Prinzipien der Prinzipien willen, sondern es geht um ein Ziel. Und dieses Ziel ist emanzipativ. Es kommt eben darauf an, unter welchen Vorzeichen ich diese Prinzipien einfordere, mit welcher Stoßrichtung, zu wessen Nutzen. Und das ist für uns der junge Mensch ausländischer Herkunft, mit bikulturellen Hintergrund, derjenige, der - in der Regel - von den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnisse nicht favorisiert wird. Es gilt auch nach wie vor, diese Verhältnisse zu ändern.

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